Trash Up! Festival im Ruhrgebiet

Facts

Trash Up! Festival 12. + 13.11.2016

Ort: Depot, Dortmund
Bereich: Festival für Upcycling, Abfallvermeidung und ressourcenschonende Produkte
Website: www.trashup-dortmund.de

Trash at its best

Ein Hoodie aus grobem Stoff, zu 100% recycelt und stylisch verarbeitet – das ist der Hingucker von Recyclist Workshop. Wie kein anderes Produkt transportiert er die Idee des Trash Up! Festivals, das am 12. und 13. November erfolgreich seinen Einstand im Dortmunder Depot gegeben hat. Denn im Fokus des ersten Upcycling-Festivals im Ruhrgebiet standen innovative Müllvermeidungsstrategien und intelligente Formen der Verwertung.

ökoRAUSCH war als Kooperationspartner mit dabei – und das aus gutem Grund. Denn es gilt die Szene kreativer Veranstalter*innen zu stärken, denen es gelingt, inspirierende Ziele zu formulieren, wie ein Wandel hin zu einer umweltfreundlichen und sozial verantwortlichen Gesellschaft gestaltet werden kann. Im Rahmen unseres aktuellen Specials Nachhaltiges Design made in NRW möchte ich euch das Festival genauer vorstellen.

Munteres Treiben an den Ständen
Blick durch den "Kräutergarten" auf's Festival

Let’s trash

Von Beginn an war die Dynamik spürbar, mit der das Veranstaltungsteam das Thema Upcycling im ehemaligen Straßenbahndepot im Dortmunder Norden in Szene gesetzt hat. Denn den Macher*innen von die urbanisten und dem Team des Depot e.V. ging es nicht nur darum, einen Markt für Upcycling-Produkte ins Leben zu rufen – vielmehr ging es ihnen um die Vermittlung einer Botschaft: Upcycling als Ausdruck eines innovativen Umgangs mit endlichen Ressourcen zu etablieren. Und ihre Botschaft kam erfrischend anders rüber – ohne erhobenen Zeigefinger, und stattdessen mit viel Power und einer Vielzahl von Angeboten, die das Publikum direkt zum Handeln einlud.

Als Kooperationspartnerin hat mich besonders interessiert, wen das Festival anzieht und wie es den Veranstalter*innen gelingt, die Besucher*innen einzubinden. Und als Gestalterin, der Nachhaltigkeit besonders am Herzen liegt, habe ich natürlich noch mal einen besonderen Blick auf die Aussteller*innen und das Thema Upcycling im Kontext von ökologischer und fairer Produktion geworfen.

Aussteller SWANE
Aussteller FORMWECHSEL

PUBLIKUMSWIRKSAM

Es war spannend zu beobachten, wer das Trash Up! Festival besucht – neben vielen Besucher*innen, die offenkundig der „alternativen Szene“ zuzurechnen sind, waren auch auffällig viele Besucher*innen vor Ort, die vermutlich noch kurz zuvor auf Dortmunds Flaniermeile Shoppen waren.
Dem Trash Up! Festival ist es gelungen, nicht nur diejenigen anzulocken, die sich ohnehin für Themen wie Müllvermeidung, Wiederverwertung oder ressourcenschonende Produkte interessieren, sondern dank des vielfältigen Angebots für Kopf und Hand, und der richtigen Portion Konsum, gelang auch die Ansprache eines breiten Publikums. Diese gelungene Mischung können sich die Veranstalter*innen als Erfolg auf die Fahne schreiben.

VOM HANDELN ZUM WISSEN

Mir ist besonders positiv aufgefallen, dass das Trash Up! Festival großen Wert auf ein abwechslungsreiches und interessantes Programm gelegt hat. Die zahlreichen Workshops, Vorträge und Filmvorführungen konnten die Besucher*innen begeistern und lieferten für jede*n das passende Angebot. So gelang es, spielerisch Alternativen zu Massenkonsum und Wegwerfgesellschaft aufzuzeigen. Und darüber hinaus ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es sich lohnt, für den Wandel hin zu einer umweltfreundlichen und sozial gerechten Gesellschaft einzutreten.

Workshop
Workshop

DER MIX MACHT’S

Mein Eindruck war, dass das Trash Up! Festival einen lebendigen Mix aus Designprofis und Upcyclern zusammengestellt hat. Seit langem inspirieren vorgefundene Materialien sowohl Designer*innen als auch Autodidakt*innen zu neuen Kreationen – teils jedoch ist die Basis der Auseinandersetzung eine andere. Denn je professioneller der Blick auf wertvolle Ressourcen, desto behutsamer und durchdachter lässt sich mit den Resten unserer Konsumgesellschaft und dem vorgefundenem Material gestalten.

Wenn aus alten Landkarten Buttons werden und aus kaputten Skateboards Ringe, ist die Erinnerung an das Ausgangsmaterial besonders lebendig. Die Grenzen des Materials sind jedoch eng gesteckt, und so steht der symbolische Wert oftmals mehr im Vordergrund als der tatsächliche Nutzen der Wiederverwertung. Bei dieser „einfachen Dimension des Upcyclings“ steht die Freude im Vordergrund, vermeintlichem Müll eine zweite Chance geben zu können. Dabei fasziniert der Unikatcharakter sowohl die Gestalter*innen als auch die potentiellen Käufer*innen. Für den Markt des Trash Up! Festivals wurden jedoch nur Aussteller*innen akquiriert, die darüber hinaus eine Message mit im Gepäck hatten, und ihre Produkte als Anstoß verstanden wissen möchten, sich mit unserer Wegwerfgesellschaft auseinanderzusetzen.

Aussteller RECYCLIST WORKSHOP
Aussteller VUCKER
Aussteller PLANET UPCYCLING (hier mit Produkten von SAG+SAL)

UPCYCLING FÜR FORTGESCHRITTENE

Aus Sicht der Designerin bin ich natürlich auch auf der Suche nach der „zweiten Dimension des Upcyclings“: Für mich besteht ein Unterschied, ob strategisch vorgegangen wurde oder nur die Faszination für das Ausgangsmaterial im Mittelpunkt stand. Wenn man z.B. mit einem Produkt in Serie gehen möchte, ist eine genaue Analyse der Materialeigenschaften erforderlich und eine Prüfung, ob die Wiederverwendung auch tatsächlich ökologisch sinnvoll ist.

Hier möchte ich zu bedenken geben, dass es gerade jetzt, wo Upcycling noch mehr in Mode kommt, besonders wichtig ist, den Gebrauch und die Verarbeitung kritisch zu hinterfragen und so intelligent wie möglich zu produzieren.
Wenn Komponenten zusammengefügt werden, die eine endgültige, umweltgerechte Entsorgung unmöglich macht, also z.B. Dinge untrennbar miteinander verklebt werden oder mit Harz überzogen, ist leider im Sinne einer umweltfreundlichen Produktion nichts gewonnen. Auch wenn Silber oder andere Edelmetalle als Basis einer Kreation verwendet werden, dessen Herkunft man nicht nachweisen kann, und wo der Verdacht nahe liegt, dass sie aus ausbeuterischen Minen stammen, führt der gut gemeinte Ansatz ins Leere. Auch kritisch zu sehen ist der gesundheitsgefährdende Aspekt – denn Fahrradschläuche und Platinen im direkten Hautkontakt sind alles andere als empfehlenswert.

Meiner Ansicht nach ist es wichtig, hier Expert*innen mit ins Boot zu holen, die mit ihrem wissenschaftlich fundierten Know-How beratend zur Seite stehen. Denn gerade in einem boomenden Markt wird es unerlässlich sein, die ernst gemeinte Botschaft nur mit durch und durch umweltfreundlich hergestellten Produkten zu transportieren.

MEIN FAZIT

Es ist wohltuend, wenn sich Veranstalter*innen klar positionieren, aber nicht moralisieren; Missstände thematisieren, ohne schwarz zu malen, und stattdessen voller Elan Alternativen und Handlungsansätze aufzeigen.
Die über 1.800 Besucher*innen waren ganz offensichtlich begeistert vom Angebot des Festivals. Mich persönlich begeistert es, wenn einem Vortrag zu den Möglichkeiten und Problemen von Upcycling über 80 Zuhörer*innen lauschen, und anschließend lebendig über das Für und Wider von Wiederverwertung diskutieren.
Ich finde, es ist dem Trash Up! Festival gelungen, die Beuscher*innen mitzunehmen. Und sicherlich liegt dies an der Authentizität und am greifbaren Engagement der Veranstalter*innen – also Glückwunsch zur erfolgreichen Premiere!

Veranstaltertrio Frank Artmann (die urbanisten), Frank Haushalter (Depot), Thomas Zigahn (die urbanisten) v.l.n.r.

Ministerium NRW

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Autor*in

Dunja Karabaic

Als Meisterschülerin der Hochschule der bildenden Künste Hamburg entwickelt Dunja seit 2007 als Kommunikations- und Projektdesignerin sowie Event- und Kulturmanagerin Projekte und Formate, die stets die kreative Seite des Themas Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen. Als Gründerin von ökoRAUSCH zählt sie bundesweit zu den First Movern der Szene und blickt auf eine 15-jährige Erfolgsgeschichte zurück. Dunja berät zudem als Expertin für Nachhaltigkeit Unternehmen und Kommunen, wie sie ihre Nachhaltigkeitsziele kreativer kommunizieren können.

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